Aus der Presse
Der perfekte Wechsel
von Tim
Die Zusammenarbeit mit einem neuen Geschäftsreisebüro kann anfangs schwierig sein. Einige Regeln helfen beim Wechsel.
Oliver Graue
Wie schmerzlich ein Wechsel des Geschäftsreisebüros sein kann, hat die Travel Managerin eines süddeutschen Mittelständlers erlebt. Vor zwei Jahren wechselte sie – nach einer Ausschreibung – den Dienstleister, doch gleich am Anfang gab es Probleme bei den Buchungen: Wünsche der Reisenden etwa nach bestimmten Sitzplätzen fielen unter den Tisch, auch die Preise schienen höher zu sein als üblich. Missverständnisse – wie sich hinterher herausstellte. Doch weil ausgerechnet mehrere Vielbuchende betroffen waren, stand der Partnerwechsel unter keinem guten Stern: schlecht für die Travel Managerin und ebenso ungünstig fürs neue Reisebüro.
Tatsächlich ist die nahtlose Neukundenintegration oft weder für die Geschäftsreiseagentur noch für den Firmenkunden einfach. Darren Toohey etwa, die den globalen Vertrieb bei CWT leitet, spricht von einem „branchenweiten traditionellen Problem“.
Dabei sind die Zeiten, in denen sich die Reisebüros aus Frust über einen verlorenen Kunden gegenseitig Steine in den Weg legten, weitgehend vorbei. Immerhin könnte es ja sein, eines Tages auch dem „Rivalen“ einen Firmenkunden abspenstig zu machen – und dann will man, dass es fair zugeht.
RECHT, TECHNIK UND MENSCHLICHES
Für die Travel-Management-Beraterin Liane Feisel sind es vor allem drei Themenblöcke, die einen Wechsel zu einer Herausforderung machen können. Diese sind rechtlicher, technischer und menschlicher Natur.
Recht: „Unterschätzt wird oft der Aufwand mit dem Vertrag“, sagt Feisel. „Das Prüfen rechtlicher, vor allem datenschutzrechtlicher Punkte kann viel Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere wenn es Diskussions- oder Klärungspunkte gibt.“ So komme es vor, dass die Zusammenarbeit mit dem neuen Reisebüro starte, obwohl der Vertrag noch nicht in trockenen Tüchern sei. Technik: Nutzen die Kunden bereits ein Online-Buchungssystem (OBE), so sind bei einem Reisebüro-Wechsel einige Einstellungen neu aufzusetzen – etwa die sogenannten „Perfect PNR“. Dies geschieht in Zusammenarbeit zwischen Reisebüro und den OBE-Betreibern und „sorgt dafür, dass die Daten in korrekter Form verarbeitet werden, also das Fulfillment klappt und die gewünschten Reporting-Felder abgebildet werden“, erläutert Liane Feisel.
Ein früheres Konfliktpotenzial stellte häufig die Übertragung der Profile der Reisenden von einem zum anderen Reisebüro dar, erinnert sich die Beraterin. Aus Datenschutzgründen sei das heute aber kein gängiges Procedere mehr, und ein Wechsel bringe zudem die Chance, „Karteileichen“ loszuwerden und die Profile neu anzulegen. Menschliches: Als größere Herausforderung beim Neuanfang gelten die menschlichen Aspekte. Geschehen direkt bei den ersten Buchungen Fehler und sind davon Vielbucher betroffen, kann es schnell zu einem negativen Image des Büros kommen. Auch zwischen den Reisebüros können Probleme entstehen, wenn sich der Firmenkunde wünscht, trotz des Wechsels bestimmte Mitarbeiter aus dem alten Team zu behalten – was bereits in rechtlicher Hinsicht schwierig sein kann.
Mit Blick auf den menschlichen Aspekt setzt Feisel voll und ganz auf Interaktion. Change Management heißt das Zauberwort. „So sollten bereits in den Auswahlprozess die Vielbucher und einige Vielreisende eingebunden werden und beispielsweise gefragt werden, was ihnen in der Zusammenarbeit mit dem Reisebüro besonders wichtig ist“, empfiehlt sie. Und nach dem Wechsel, wenn es mal nicht so laufe, wie es sich die Reisenden vorstellten, dann sollten die Mängel klar benannt und ein offenes Gespräch geführt werden: „Reden hilft fast immer weiter.“
Aktiv unterstützen längst auch die Travel Management Companies (TMC) selbst: „Einige Kunden unterschätzen die Arbeit, die mit dem Wechsel ihres Reisebüros verbunden ist, aber auch Zeit und Aufwand, um auf globaler Ebene die lokalen und regionalen Nuancen des Travel-Management-Programms umzusetzen“, sagt Peter Bot-Severijns, Regional Client Implementation Team Emea bei CWT. Daher habe seine TMC „die Erkundungsphase verfeinert, in-dem wir realistische Erwartungen dazu formuliert haben, welche Fortschritte im Verlaufe des Implementierungsprozesses jeweils zu erwarten sind“.
Zusätzlich gebe es spezielle Online-Systeme für das Change Management, die Zeitvorgaben aufstellten und die sich an unterschiedliche Reisenden-Zielgruppen richteten. Anbieter wie CWT besprächen außerdem in Work-shops mit einzelnen Unternehmensabteilungen wie IT und Finanzen die wichtigsten Aspekte des Wechsels und deren konkrete Auswirkungen, etwa auf Reportings, Travel Risk Management und die Reiserichtlinien.
„Miteinander reden und gegenseitiges Verständnis helfen fast immer weiter.“
Liane Feisel, Feisel Consulting
STIMMIGES GESAMTPAKET STATT GEBÜHRENHÖHE
Beraterin Liane Feisel stellt insgesamt fest, dass Firmenkunden in Ausschreibungen größeren Wert auf „ein in sich stimmiges, zukunftsweisendes Gesamtpaket aus persönlicher Betreuung und digitaler Lösung“ legen als auf die Höhe des Service-Entgelts. Geschäftsreisebüros, die nur mit der Preisfahne wedeln würden, hätten aktuell eher das Nachsehen.
Ebenso wichtig: die Hilfe bei der Prozessverbesserung. Die Geschäftsreise müsse von der Planung über die Buchung bis zur Abrechnung effizient sein, und wichtige Informationen, beispielsweise zu den Einreisebestimmungen in Corona-Zeiten, zu benötigten Visa oder zur A1-Bescheinigung müssten im Prozess integriert sein.
Mehr und mehr Diskussionen über die Kosten, die ein Reisebüro für solche Nicht-Buchungsleistungen verlangen darf, dürfte es aber auch geben. So berichten etliche Agenturen davon, dass gerade in den vergangenen Monaten viele Wünsche an sie herangetragen wurden, in denen es um eine künftige größere Effizienz beim Travel-Manage-ment-Prozess ging. Nur: Geld verdienen können damit bislang die wenigsten Geschäftsreisebüros.
In: fvw TravelTalk, Juli 2021