Aus der Presse

Die hohe Kunst des Vergleichens

von Tim

Eine amerikanisch-holländische Studie zeigt: Vergleichen macht unglücklich. Ein Phänomen, das der dänische Philosoph Sören Kierkegaard schon vor fast 200 Jahren erkannte: "Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Fürs Travel Management gilt das nicht. Im Gegenteil: Benchmarking liegt im Trend. Und für Geschäftsreiseplaner, die ihren Nutzen fürs Unternehmen beweisen wollen, ist es sogar unumgänglich. Wo stehe ich mit meinem Flugeinkauf? Wie gut sind meine Preise im Vergleich zum Markt? Und wie kriege ich es hin, dass ich genauso wenig bezahle wie das Unternehmen, das seine Flüge so viel günstiger bucht als ich?

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Jedoch: Vergleichen ist eine hohe Kunst. "Um empirisch sinnvoll vorzugehen und die Weichen für ein valides Benchmarking zu stellen, bedarf es einer Clusterung des Panels", formuliert es Liane Feisel, Inhaberin der Unternehmensberatung Feisel Consulting in Hamburg. "Nur wenn die gleichen Prämissen gelten, zeigt sich, wer Best in Class ist", lautet ihr Resümee. Eine Menge Expertise ist dazu nötig, ebenso Geduld und Genauigkeit. "Aber wenn wir ehrlich sind", sagt Feisel, "sind wir privat bei der Partnersuche doch auch wählerisch."

In Zusammenarbeit mit dem VDR hat die Wahl-Hamburgerin eine groß angelegte Studie zum Benchmarking, also zum Vergleich mit dem "Klassenbesten", erarbeitet. Insgesamt 34 Firmen verschiedenster Branchen haben an der Untersuchung teilgenommen. Mit einem gemeinsamen Bruttoflugumsatz von jährlich 190 Mill. Euro bringen sie Gewicht auf die Waage. Liane Feisel und ihr Team haben von jedem Unternehmen ein Bild mit den wesentlichen Kennzahlen erstellt. "Auf Basis genau dieser Daten haben wir das Panel dann in diverse Cluster eingeteilt und analysiert", so Liane Feisel.

Wichtige Cluster-Merkmale waren die Vorgaben der Reiserichtlinie, der Hauptabfughafen und der Zielgebiets- und Streckenmix. Die dergestalt erhobenen Reisefakten und Kennzahlen formierten die "Charaktereigenschaften" eines jeden Studienteilnehmers. So ergab sich für jedes Unternehmen ein bestimmter Fußabdruck. Erst damit wurde in die Partnerwahl gegangen, an deren Ende die Benchmark- und die daraus folgende Potenzialanalyse standen. Denn, so betont die Travel-Management-Beraterin: "Es wäre unsinnig, Firmen miteinander zu vergleichen, von denen die eine ab Frankfurt und die andere ab Düsseldorf startet. Denn vom Abflughafen hängt im Wesentlichen das Airline-Portfolio ab, ein nicht unbedeutender, wenn auch kaum beeinflussbarer Preisindikator."

Gespiegelt an der Anzahl Reisen finden die meisten Geschäftsflüge nach wie vor innerhalb Deutschlands (43 Prozent) und Europas (38 Prozent) statt. Umsatzbezogen sind die Interkontinentalreisen mit einem Aufkommen von 60 Prozent des Bruttoflugumsatzes (bei nur 19 Prozent der Anzahl Reisen) Spitzenreiter. Als Top-Route hat sich innerdeutsch die Verbindung Hamburg-Frankfurt und zurück herauskristallisiert. Die beliebtesten Auslandsziele bei Dienstreisen wiederum sind London (europäisch) und Shanghai (interkontinental). Und, wie kaum anders zu erwarten: Unter den insgesamt 123 genutzten Fluggesellschaften dominierte Lufthansa mit einem Ticketanteil von 53 Prozent, gefolgt von Air Berlin mit 17 Prozent.

RICHTLINIEN WERDEN GELEBT

Ein erstaunliches Ergebnis: Zumindest die teilnehmenden Firmen sorgen für eine vorbildliche Durchsetzung ihrer Reiserichtlinien. So ist bei sämtlichen Firmen innerdeutsch und innereuropäisch die Economy Class vorgeschrieben - und bei fast allen wird diese Travel Policy auch tatsächlich gelebt. Ausnahmen von der generellen Reisevorgabe erlauben 88 Prozent der Unternehmen für einen bestimmten Personenkreis, in der Regel für das Top-Management. Auf den Langstrecken schließlich gestatten immerhin 56 Prozent der Unternehmen die Buchung der Business Class. Und in diesem Fall macht Vergleichen dann doch wieder glücklich: Zumindest für die Reisenden, die tatsächlich im vorderen Teil des Jets Platz nehmen dürfen.

In: BizTravel, Nr. 1, März/April 2014