Aus der Presse

Fürsorgepflicht auf Geschäftsreisen

Was müssen Unternehmen wissen?

Mitarbeiter Stefan W. ist auf Geschäftsreise in Anchorage, Alaska. Freitagmorgen passiert ein Erdbeben der Stärke 7,0. Zahlreiche Nachbeben folgen. Für Stefan W. das erste Erdbeben überhaupt. Währenddessen ist es Nachmittag in Deutschland. Stefans Firma erfährt von der Katastrophe und muss jetzt handeln. Können sie Stefan erreichen? Wie kriegen sie ihn von dort weg? Wie steht’s um die medizinische Versorgung? Welche Maßnahmen muss das Unternehmen nun einleiten?

 

Was bedeutet Fürsorgepflicht?

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist gesetzlich festgeschrieben. Für Deutschland ist es § 618 BGB, der besagt, dass das Wohlergehen der Mitarbeiter zu schützen ist. Für die Schweiz greift Artikel 328 OR und für Österreich § 1157 ABGB. Diese Sorgfaltspflicht gilt nicht nur für den eigenen Arbeitsplatz im Büro, sondern auch auf Geschäftsreisen.

 

Fürsorgepflicht in deutschen Unternehmen

Das Thema Fürsorgepflicht ist wichtig, findet jedoch nicht immer die Aufmerksamkeit, die es verdient. Wie die Studie Chefsache Business Travel 2018 ergab, haben 42 % der Geschäftsreisenden Befürchtungen in Bezug auf ihre Sicherheit. 83 % gehen davon aus, dass ihr Unternehmen ihnen helfen wird, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Unternehmen informieren ihre Mitarbeiter über mögliche Risiken am Zielort, so denken zumindest 79 % der Befragten. Jedoch: 50 % gehen davon aus, dass sie bei Problemen zumindest vor Ort auf sich alleine gestellt sind. Gerade hier müsste das Unternehmen aktiv werden. Vorabinformationen sind der richtige Anfang, die Fürsorgepflicht geht aber weit darüber hinaus.

 

Was können Unternehmen tun?

Auch bei der Fürsorgepflicht von Arbeitgebern gilt: Wer A sagt, muss auch B sagen. Die gesetzliche Fürsorgepflicht ist das A. Das B ist die Umsetzung dieser Pflicht. Es geht also von der Theorie in die Praxis. Der Knackpunkt hierbei allerdings ist, dass das Gesetz nicht abschließend festlegt, was genau getan werden muss, um seiner Pflicht als Unternehmen nachzukommen. Deswegen benötigen Firmen ein detailliertes Risikomanagement. Fünf Säulen bilden die Basis eines guten Travel Risk Managements.

 

1. Informationen

Bei Geschäftsreisen können Sie vorab schon einiges in Bezug auf die Fürsorgepflicht tun. Sei es ein Unfall, Krankheit und Epidemie, eine Naturkatastrophe, ein Streik, Kriminalität oder sonstige Risiken, Sie sollten sich über die Risiken bewusst sein und die Reiselage, besonders im Ausland, beobachten. Firmen sollten ihre Mitarbeiter schulen und ausreichend informieren. Jegliche Informationen für Notfälle und Richtlinien sollten präsent sein und kommuniziert werden.

Kommunikation ist auch während der Reise ausschlaggebend. Sollte es zu einem Zwischenfall kommen, müssen Reisende und Unternehmen wissen, wie sie einander – und Hilfe – erreichen können.

 

2. Versicherungen

Für Ihr Unternehmen haben Sie einige Versicherungen abgeschlossen. Aber werden dadurch auch Geschäftsreisen abgedeckt? Viele Unternehmen haben genau dabei einen unzureichenden Versicherungsschutz. Fragen Sie sich deshalb: Gilt die deutsche Versicherung im Ausland? Was umfasst die Versicherung? All das sind Fragen, die Sie klären müssen. Die Berufsgenossenschaft sichert nur Schäden, die im direkten Zusammenhang mit der Ausübung des Jobs stehen. Informieren Sie sich daher über Ihren bestehenden Versicherungsschutz und sofern notwendig über ergänzende Versicherungen. Denn bei Buchungen über Reisebüros und -anbieter sind Versicherungen nicht automatisch inklusive.

 

3. Reiserichtlinie

Reiserichtlinien widmen sich der Planung, Buchung und Abrechnung sowie Durchführung von Geschäftsreisen. Gerade im Hinblick auf die Sicherheit und Fürsorgepflicht sollten Unternehmen ihre Travel Policy überarbeiten und regelmäßig durchgehen. Um im Ernstfall schnell reagieren zu können, sollten Firmen das Travel Risk Management und einen Krisenplan festlegen. Befassen Sie sich auch mit Fragen wie Krankenrücktransport oder Reiseeinschränkungen für Krisenländer im Vorfeld.

Besonders für das Sicherheitsmanagement und den Krisenplan ist es ratsam, eine Art Krisenteam, das aus verschiedenen Abteilungen besteht, zu bilden. So sind alle relevanten Informationen in einer Stelle gebündelt und können an alle Mitarbeiter weitergeleitet werden.

Für das Krisenmanagement ebenfalls wertvoll ist die App von International SOS. Zum einen erhalten Nutzer wichtige Updates zur Sicherheitslage und medizinische Hinweise. Außerdem können Nutzer der App mit einem Klick das Netzwerk von International SOS erreichen, sollte es zu einem Zwischenfall kommen.

Legen Sie in Ihrer Richtlinie auch fest, welche Leistungsträger Sie nutzen wollen. Angebote der Sharing Economy erscheinen auf den ersten Blick vielleicht preiswerter, aber wie sieht es mit Brandschutz in den Sharing-Unterkünften aus? Liane Feisel von Feisel Consulting rät hier, nicht durch die Kostenbrille zu schauen, denn im Zweifel kann es richtig teuer werden.

 

4. Lokalisierung des Reisenden

Für Unternehmen ist es wichtig, die Mitarbeiter schnell lokalisieren zu können. Dabei helfen beispielsweise Ortungs-Apps wie die App „Sicher Reisen“ vom Auswärtigen Amt. Die Ortung soll nicht zur ständigen Kontrolle des Reisenden dienen, sondern im Notfall bei der Lokalisierung helfen.

Wenn man alle Geschäftsreisen über eine Plattform bucht, weiß man auch schon vor der Reise, in welchen Ländern und Städten sich die Geschäftsreisenden befinden. Buchen die Mitarbeiter über verschiedene Kanäle, ist es für die Unternehmen beinahe unmöglich, einen kompletten Überblick über die Reiseziele der Mitarbeiter zu haben. Wenn alles über den gleichen Kanal geht, weiß das Unternehmen, wer wo ist und kann so besser reagieren, sollte es zu einem Zwischenfall kommen.

 

5. Support rund um die Uhr

Für die Dienstreisenden ist Support rund um die Uhr äußerst wichtig. Diesen als Unternehmen ohne externe Hilfe zu bieten, ist natürlich schwer. Deswegen ist es ratsam, sich die Hilfe eines Geschäftsreisebüros zu holen, das einen Rund-um-die-Uhr-Service anbietet.

Die Studie Chefsache Business Travel 2017 zeigt, dass Geschäftsreisebüros zur Sicherheit beitragen. Mit Reisebüro fühlen sich 76 % der Geschäftsreisenden gut auf die Reise und mögliche Krisen vorbereitet; ohne sind es nur 59 %. Außerdem wissen nur 41 % der Dienstreisenden, an wen sie sich in einem Notfall wenden sollen, wenn sie die Reise alleine organisiert haben. Ist ein Geschäftsreisebüro involviert, sind es 69 %.

Zum einen informieren und beraten Reisebüros. Zum anderen hat man dort einen Ansprechpartner. Wenn man die Reise alleine organisiert, entfällt diese Unterstützung. Häufig haben Reisebüros auch Partner, die z. B. Trainings anbieten oder Länderinformationen bereitstellen.

Fürsorgepflicht und damit verbunden das Travel Risk Management sind Themen, die Unternehmen nicht vernachlässigen sollten. Hier geht es vor allem um Vorbeugung und das Minimieren von Risiken, sodass man für den Fall der Fälle gewappnet ist. Liane Feisel  betont, wie wichtig es für Unternehmen ist, Maßnahmen zu haben, um der Fürsorgepflicht nachzugehen: „Es handelt sich hier um einen Prozess, ein richtiges Projekt im Haus. Dabei geht es um Prävention, Begleitung und Nachbereitung. Das ist mehr als nur eine Versicherungspolice zu unterschreiben. Man braucht ein Konzept und einen (Notfall-)Plan“. Denn im Falle einer Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht kann es zu hohen Strafen oder auch juristischen Auseinandersetzungen kommen. Sie als Unternehmen müssen aber nicht alles alleine stämmen, nutzen Sie unsere praktische Checkliste für Ihr Travel Risk Management und holen Sie sich gerne externe Hilfe ins Haus.

(veröffentlichter Artikel im Online-Magazin von Comtravo; Autorin: Julia Neumann am 02.05.2019)

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