Aus der Presse

Reden ist Gold

KOMMUNIKATION – Reisende, die sich um Richtlinien nicht scheren, und Buchende, die mit allem unzufrieden sind: Oft ist dies eine Folge mangelhafter Kommunikation. Wer es besser machen will, der braucht ein Konzept.

Gerlinde Kray, Marketing-Assistentin in einem mittelständischen Unternehmen, wollte es einfach mal wissen. Seitdem sie auch das Travel Management in ihrer Firma übernommen hatte - eigentlich eine ihrer Lieblingsaufgaben -, war der Kontakt zu manchen Kollegen getrübt. Sogar Streit gab es immer wieder, weil sie angeblich "nicht bereit war", so zu buchen, wie es einige Reisende wünschten. Manchmal gingen diese dann eben selbst ins Internet. "Nicht bereit - das stimmt nicht", sagt sie: "Ich darf nicht anders, weil es schließlich Vorgaben aus der Geschäftsführung und eine Reiserichtlinie gibt." Irgendwann hat die 37-Jährige mit Rückendeckung der Führung eine Umfrage gestartet. Sie hat Kolleginnen, die ebenfalls buchen, aber auch Vielreisende und Betriebsrat gefragt, wo sie bei der Geschäftsreiseplanung der Schuh drückt. Sie wollte wissen, was nicht gut läuft, wo es Probleme und ob es auch Verbesserungsvorschläge gibt. Im Anschluss daran setzte sie sich mit dem ein oder anderen an einen Tisch - "und wir haben sehr intensiv über alles gesprochen, auch über die Sachzwänge, denen ich unterliege".

Ganz problemfrei ist das Reisemanagement zwar immer noch nicht. "Aber meine Kollegen bringen nun deutlich mehr Verständnis für mich auf, und auch das eigenwillige Verhalten mancher Reisender hat abgenommen", sagt sie: "Meine Arbeit macht mir jetzt jedenfalls wieder viel mehr Spaß."

Für Travel-Management-Beraterin Liane Feisel (Feisel Consulting) ist dies ein typisches Beispiel. "Ích stelle immer wieder fest, dass das Thema Kommunikation in den Unternehmen vernachlässigt wird", sagt sie. "Dabei ist es gerade im Travel Management mit so vielen unterschiedlichen Akteuren unerlässlich." Zumal sich Geschäftsreiseplaner manchmal in einer ähnlichen Position wie die Frikadelle im Brötchen befinden: Auf der einen Seite "drückt" die Zufriedenheit der Reisenden, der Kunde also - auf der anderen Seite das trotz guter Konjunkturlage strenge Kostenmanagement vieler Firmen.

Gesagt, getan, gesiegt

Bei der jüngsten "International Travel Management Study" des Kreditkartenspezialisten Airplus haben 65 Prozent aller Reiseentscheider der Aussage zugestimmt, es werde immer schwieriger, die gute Betreuung der Reisenden mit dem Spardruck in Einklang zu bringen. In Deutschland bejahen dies sogar 73 Prozent. Das beste Mittel ist für Liane Feisel ein zielgruppenorientiertes Kommunikationskonzept. Unter der Überschrift "Gesagt - Getan - Gewonnen" erstellt die Wahl-Hamburgerin entsprechende Kommunikationsmatrizen, denn an das Top-Management sind andere Botschaften zu adressieren als an die Fachabteilungen, den Reisenden oder Buchenden. Auch das Medium und der Kommunikationszyklus variieren je nach Zielgruppe." Spannend sei, dass sich Zielgruppen auch überschneiden, "denn der Top-Manager ist zugleich selbst Reisender und in dieser Doppelfunktion kommunikativ abzuholen".

Ein entsprechendes Kommunikationskonzept reicht vom "Vogelperspektive-Workshop" über eine groß angelegte Fragebogenaktion bis hin zur zielgruppengerechten Umsetzung. Natürlich ist eine derartige Initiative dann besonders effektiv, wenn ein Travel Management neu aufgebaut oder grundlegend modernisiert wird. Aber auch im bestehenden Betrieb gibt es Möglichkeiten, die Kommunikation zu verbessern. Für beides haben wir einige Vorschläge zusammengetragen.

Vogelperspektive-Workshop

"Im Vogelperspektive-Workshop legen wir gemeinsam mit dem Travel Management das Fundament des Projekts", erläutert Liane Feisel. Ob aus der Personalabteilung, eventuell dem Betriebsrat, dem Einkauf, der IT, dem Finanz- und Rechnungswesen, ob Assistenzen in der Rolle der Vielbucher oder als wichtige Multiplikatoren: Vertreter der Abteilungen, aber auch externe Partner, wie etwa das Reisebüro, setzen sich zusammen, um die bestehende Prozesskette der Geschäftsreise zu skizzieren. "Die Betrachtung aus der Vogelperspektive bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Prozesse und Belange darzustellen, aber auch den Blick für das große Ganze zu schärfen", sagt die Beraterin. Der Workshop schlage somit zwei Fliegen mit einer Klappe: zum einen, die Prozessbeteiligten von Anfang an ins Boot zu holen und zu gewinnen, und zum anderen, möglichst viele Informationen für die anschließende Analyse aufzunehmen.

Fragebogenaktion

In einem zweiten Schritt wendet sich das Feisel-Team mit einem dezidierten Fragebogen oder in Einzelinterviews an die Assistenzen, da diese den gesamten Arbeitsablauf aus der täglichen Praxis kennen. "Sehr wichtig ist es, die Zufriedenheit mit den etablierten Prozessen, den eingesetzten Systemen und mit der Leistung der Dienstleister abzufragen und Verbesserungsvorschläge einzuholen", sagt die Beraterin, die zwei wesentliche Dinge dabei festgestellt hat: "Erstens freuen sich die Befragten, dass jemand auf sie zukommt und ihre Meinung in das Projekt einfließt. Und zweitens zeigen die Ergebnisse immer wieder den bis dato enormen Mangel an Kommunikation."

Zwei Drittel der Befragten wünschen sich mehr Informationen rund ums Reisen und regelmäßige Veranstaltungen. So waren beispielsweise in einem Konzern einige Assistenzen in puncto Reiserichtlinie nicht auf dem aktuellen Stand, und andere buchten entgegen der Vorgaben übers Internet, obwohl eine Online-Buchungssoftware zur Verfügung steht. Häufig ist auch die Rolle und Funktion des Travel Managements im Unternehmen nicht bekannt oder wird missverstanden.

Auffallend ist, dass bei den aktuellen Befragungen die Reisebüro-Partner schlecht abschneiden. In den Fragebögen finden sich vermehrt Kritikpunkte wie "unfreundlich", "die denken nicht mit" oder "mangelnde Kompetenz", berichtet Liane Feisel. Doch: "Vieles lässt sich hier durch gezielte Kommunikation aus dem Weg räumen."

Projektgruppen

Für Liane Feisel ist es wichtig, während des gesamten Projekts von der Ist-Aufnahme bis zum Ziel-Konzept "alle Beteiligten immer wieder einzubinden und zu informieren. Sonst läuft man Gefahr, dass es später in der Umsetzung Widerstände oder größere Hürden gibt. Ein gemeinschaftlich abgestimmtes Zielszenario hingegen ist kaum angreifbar."

Umsetzung

In der Umsetzungsphase schließlich geht es darum, über die Veränderungen oder Neuerungen richtig zu informieren. Auch hier gilt: "Jede Zielgruppe benötigt eine andere Ansprache", so Feisel. Je höher die Hierarchiestufe, desto verdichteter wird die Botschaft. Fürs Top-Management reicht es in aller Regel sogar, Kernfakten und Mehrwert darzustellen.

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In: BizTravel Nr. 5, November/Dezember 2015

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